Kommunikation

Eine einzelne, subjektive Perspektive kann nicht das Maß aller Dinge sein, bestenfalls eine Annäherung zum Gedankenaustausch. Eine neue Sichtweise ist letztendlich immer eine Bereicherung, da sie neue Informationen enthält, die ich erst verarbeiten und bewerten muss. Wenn ich auf Ratschläge von anderen zurückgreifen kann erweitert sich auf jeden Fall mein Beurteilungshorizont. Der Prozess im Gehirn, der dazu führt, dass ein Standpunkt als richtig erachtet wird, ist ganz einfach: man nimmt über alle “Empfangskanäle”(Ohren, Augen, Geschmacks- und Geruchsrezeptoren etc.) etwas wahr, vermutet im nächsten Schritt, was das sein soll und kommt schließlich zu einer Bewertung. Die Güte dieser Bewertung hängt von der Qualität meiner Wahrnehmungen ab und diese wiederum von meinen bisher gemachten Erfahrungen.

Vor diesem Erfahrungshintergrund wird alles kontrastiert und anschließend zugeordnet. Gibt es bereits “Erfahrungsordner”, so kann ich alles wunderbar zuordnen und verarbeiten. Gibt es diesen Ordner nicht, kann ich entweder mit Ignoranz reagieren und das Neue ablehnen, oder ich füge meinen Erfahrungen eine neue hinzu.

Selbst in einer so hierarchischen Gesellschaft wie dem feudalen Japan des 17. und 18. Jahrhunderts wurde der Wert von Kritik erkannt: “Der beste Weg, andere zu übertreffen, ist der, von anderen aufrichtig die eigenen Angelegenheiten kritisieren zu lassen und sie um Rat zu fragen. Für die meisten Menschen zählen nur ihre eigenen Meinungen. So kann man andere aber nicht übertreffen. Dazu muss man andere um Rat fragen”(Hagakure).

Die Frage, die sich in der heutigen Erfolgsgesellschaft stellt ist, ob es überhaupt sinnvoll ist, so offen zu kommunizieren, sich so offensichtlich an der Meinung von anderen zu orientieren? Wird dies nicht als Schwäche ausgelegt, bei Führungskräften als Unfähigkeit, klare Linien vorzugeben?

In einer auf den äußeren Erfolg ausgelegten Gesellschaft kann das sehr schnell der Fall sein. Der entscheidende Punkt ist, worauf beruht die individuelle Sicherheit, das Selbstbewusstsein? Stelle ich meine Fragen aus einer Position der Stärke heraus, die ein kohärentes Selbstbild impliziert oder bin ich von Äußerlichkeiten, von der Zustimmung der anderen abhängig.

Die Position der Stärke hat nichts mit Dominanz zu über andere zu tun, sie ist vielmehr ein Ausdruck dafür, dass ich mir meiner Fähigkeiten und Zielvorstellungen bewusst bin und mich trotz aller geleisteten Vorarbeiten freue, neue Erfahrungen mit anderen zu teilen.

Wird vom Erscheinungsbild eines Menschen gesprochen, von seiner Ausstrahlung, gar seinem Charisma, dann hat das in erster Linie mit seinem Selbstbild zu tun. Das Selbstbild wiederum beeinflusst das Kommunikationsverhalten. Bin ich wirklich souverän in allen Situationen, unabhängig von Status und sonstigen äußeren Merkmalen?

Die innere Ausgeglichenheit und Zufriedenheit strahlt nach außen ab und beeinflusst die Wahrnehmung meiner Umgebung. Die Einstellung zu dem, was ich bisher im Leben erreicht habe, die aktuelle Zufriedenheit im Jetzt und die Erwartungen an die Zukunft, prägen mein Selbstbild. So wie ich über mich denke prägt sich meine Wirkung auf andere aus. Ein Mensch, der mit sich und seinen Lebensumständen im Einklang ist, wird auf andere immer eine beruhigende und nicht bedrohliche Wirkung haben. Dies ist eine gute Basis für einen offenen und ehrlichen Informationsaustausch. Signalisiere ich gleichzeitig, dass ich für Veränderungen aufgeschlossen bin, so ist die Basis für Kooperationen gelegt.

Die Art der Kommunikation bzw. das Kommunikationsverhalten machen sowohl in den Formulierungen als auch in der Körpersprache deutlich, in wie weit eine Handlungsorientierung vorhanden ist. Handlungsorientierung meint die konkrete Absicht nach einer Diskussion auch zu Maßnahmen überzugehen. Eine Führungskraft, die bei einem Workshop mit Mitarbeitern nach einer Sammlung von kritischen Themen sofort versucht, die Dinge zu rechtfertigen oder schön zu reden, signalisiert Angst vor Veränderung und mangelnde Souveränität. Die Glaubwürdigkeit für alles Nachfolgende ist in Frage gestellt. Fehlt bei den Mitarbeitern aber der Glaube, dass sich etwas verändern lässt, so ist die Motivation dahin. Letztendlich wird man an seinem Verhalten gemessen, d.h. reden und handeln müssen deckungsgleich sein. Daraus entsteht für die Anderen eine Berechenbarkeit des Verhaltens und damit Sicherheit. Wer anderen Sicherheit gibt, baut Vertrauen auf.