Veränderung

Keiner, außer ein Masochist oder ein Selbstmörder, wird sich freiwillig in eine Situation begeben, von der er glaubt, dass sie ihm schadet. Ist eine Situation einigermaßen berechenbar, läuft das Leben in geordneten Bahnen, ich weiß was von mir erwartet wird und was auf mich zukommt. Dafür habe ich ein Verhaltensrepertoire. Aber was ist wenn sich die Situation ändert?

In den Budo-Disziplinen trainiert man verschiedene Verteidigungs- und Angriffstechniken für alle Standardsituationen, um so bewusst richtig reagieren zu können. Das führt zu einer gewissen Sicherheit bei unterschiedlichen Angriffen. Erfolgen die Attacken plötzlich nicht mehr exakt, der Angriff ist keinem Muster eindeutig zuzuordnen, so greifen die Abwehrparaden nicht rechtzeitig. Der Angriff durchstößt die Deckung und mein schönes System ist zerstört. Meine Übungen, die mir Sicherheit geben sollten, waren vergebens.

Auf dieser Stufe kann die Frustration sehr groß sein, da man der Überzeugung war, man hätte alles im Griff. Und hier fängt das Training erst richtig an, wenn man lernen möchte, wie jedweder Angriff durch Variation und Kombination von unterschiedlichen Techniken pariert werden kann. Die Sicherheit entsteht also nicht durch das Üben von mehr Techniken, sondern durch die unbewusste, traumwandlerische Kombination von situationsangepassten Elementen. Dadurch entsteht etwas ganz Neues, etwas das mich befähigt, jeder Herausforderung adäquat zu begegnen.

Wenn ich meine Fähigkeiten kenne, um meine Stärken weiß, aber auch mir meiner Entwicklungspotenziale bewusst bin, gibt es keine Situation, der ich mich nicht ohne Angst stellen könnte. Diese Angstfreiheit oder dieses Bewusstsein meiner Fähigkeiten sind die Voraussetzung, das Leben uneingeschränkt genießen zu können. Je mehr ich mich neuen Situationen, Herausforderungen stelle, um so größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass ich Neues lerne und meine Wachstumsspirale in Gang halte.

Neue Erfahrungen bedeuten Lernchancen. Mein Lebensmosaik, das aus verschiedenen Erfahrungs- und Fähigkeitsbausteinen besteht, wird sukzessiv erweitert, hoffentlich ohne jemals fertig zu sein.

Es gibt natürlich Ausnahmen: Jemand geht in “geistige Kleinrente” weil er denkt, er wüsste schon alles über das Leben, über richtig und falsch, über gut und böse. Seltsamerweise treffe ich immer wieder auf solche Exemplare, vor allem in Managementpositionen. Aber jeder hat die Wahlfreiheit selbst über seinen Umgang zu entscheiden.

Achtsamkeit im Denken

Was der Mensch denkt strahlt er aus oder genauer gesagt, wie er denkt. Sehe ich überall Gefahren und Feinde werde ich niemals offen auf andere zugehen. Im Gegenteil: Ich werde misstrauisch mein Umfeld betrachten, übervorsichtig agieren und meine Position verteidigen. Und genau diese Signale werde ich auch durch meine Körpersprache aussenden. Das Ergebnis ist klar: Die Kooperation wird sich auf das absolut notwendige Minimum beschränken. Mein Image bei anderen wird geprägt durch Rechthaberei, Inflexibilität und negative Einstellung zu Neuerungen. Diese “Negativspirale” erfährt von allen Seiten Verstärkungsimpulse und wird so zur self fulfilling prophesy. Mit dieser Ausstrahlung gewinnt man nicht viele Freunde und der Erfolg hält sich in Grenzen.

Sehe ich dagegen meine Optionen und mein Selbstwertgefühl ist geprägt von der Überzeugung der eigenen Leistungsfähigkeit, dann sende ich positive Signale aus im Sinne von Aktivität, Aufgeschlossenheit und Kompetenz. Ich gehe auf andere zu und warte nicht darauf, dass sie die Initiative ergreifen.

Diese Einstellung gepaart mit der prinzipiellen Achtung vor seinen Mitmenschen, ohne Ansehen der Person was Status, Herkunft, Geschlecht oder Religionszugehörigkeit betrifft, ergibt eine positive, weltoffene Ausstrahlung. Irgendwann einmal vielleicht sogar so etwas wie Charisma.

Code Breaking News

Im neuen Roman von Dan Brown “Origin” geht es um die Fragen woher kommen wir, wohin gehen wir ? Der Antagonismus zwischen religiösen und wissenschaftlichen Erklärungen ist ein spannender Krimi-Plot mit ungewissem Ausgang. Ich glaube, obwohl ich Dan Brown gerne lese, wir sollten uns im Zeitalter der schnellen Veränderungen (Code 4) dringend um den Mittelteil kümmern, um das Hier und Jetzt. Nur wenn wir jetzt die Weichen richtig stellen, wird sich die Zukunft für alle positiv gestalten.

Die Frage, die sich stellt, ist zweigeteilt: Was konkret müssen wir anpacken und welchen Bezug dieser Aktivitäten zu einem von der Mehrheit akzeptierten positiven Ziel müssen wir herstellen?

Waren das nicht immer die Fragen und hat das etwas mit der zunehmenden Digitalisierung der Gesellschaft zu tun?

Die Digitalisierung bietet unheimlich viele  Chancen und Möglichkeiten, was per se positiv ist (Code 4).  Aber welche Protagonisten gestalten mit welchen Zielen die Zukunft? Sind wir nicht alle aufgefordert, oder andersherum gedacht, haben wir nicht alle die Möglichkeit über die sozialen Medien Einfluss zu nehmen? Wenn der mehr oder weniger sinnbefreite Konsum im Netz die Reduktion der digitalen Welt auf Unterhaltung bedeutet, verspielen wir unsere Chancen. Wir sind und bleiben “Follower” – ja von wem oder was eigentlich?

Eine große Anzahl von “Gestaltern” wäre in der Lage, durch das Gesetz der großen Zahl Einfluss zu nehmen. Momentan geben wir uns damit zufrieden Zuschauer zu sein. Jeden Tag schwirren Nachrichten durch das Netz, die Medien berichten print oder online und nichts ändert sich, außer dass wir uns kurzzeitig aufgeregt haben. Vielleich nehmen wir auch nichts mehr wirklich zur Kenntnis.

Bei den Koalitionsverhandlungen ebenso wie beim Machtkampf in der CSU geht es nicht um inhaltliche Positionen und Verantwortung (Code 6 und 7), sondern nur um Posten und Macht. Nicht die Zukunft der Menschen steht im Vordergrund, sondern wer kann sich besser durchsetzen.

Die wichtigen Fragen zur Gestaltung der Zukunft mit den digitalen Möglichkeiten bleiben unbeachtet. Aber immerhin bauen wir jetzt das Glasfasernetz aus! Was wir aber dann mit Herausforderungen wie Blockchain, digitalen Geschäftsmodellen, Industrie 4.0 und beherrschenden Internetplattformen wie Amazon etc. machen bleibt ebenso unbeantwortet wie die immer weiter auseinanderklaffende Einkommens- und Vermögensverteilung. Die Welt dreht sich immer schneller und die Verantwortlichen beschäftigen sich mit sich selbst.

Kommunikation

Die Form der Kommunikation ist für den Erfolg entscheidend. Kommuniziere ich so, dass mein Interesse für andere Meinungen glaubwürdig beim Gesprächspartner ankommt und bin ich in der Lage neue Aspekte in mein Gedankengebäude einzubauen. Wie kommuniziert man glaubwürdig und Vertrauen erweckend?

Vertrauen entsteht nur sehr langsam. Grundvoraussetzung für den Aufbau eines Vertrauensverhältnisses zwischen zwei Parteien ist der wechselnde Eindruck, dass der Andere offen ist und willens für einen fairen Gedankenaustausch. Dazu ist ein echtes Interesse an anderen Meinungen erforderlich. Man sollte niemals eine Frage stellen, wenn einen die Antworten nicht interessieren.

Echtes Interesse heißt, dass ich bereit bin meine eigene Position zu hinterfragen, selbst wen ich 100 % sicher bin. Ich eröffne den Gedankenaustausch mit offenen Fragen zur Position des Anderen und hake so lange nach, bis ich seinen speziellen Blickwinkel zu erkennen glaube. Um dieses “glauben” verifizieren zu können versuche ich mit geschlossenen Fragen durch ein klares “ja” oder “nein” als Antwort festzustellen, ob ich richtig oder falsch liege. Falls ich mich geirrt habe, muss ich nochmals mit einer offenen Frage klären, was ich falsch interpretiert oder wahrgenommen habe. Erst wenn so Einigkeit über die Sichtweisen erzielt wurde kann eine Argumentation an der richtigen Stelle ansetzen und zur Diskussion über unterschiedliche Standpunkte führen. Erkennt der Andere, dass es mir um einen Erkenntnisgewinn und damit um Fortschritt geht und nicht um Rechthaberei, so ist die Basis gelegt: Die offene Diskussion von möglichen Alternativen führt zu einem Konsens oder einem Kompromiss, der von beiden Parteien getragen wird. Das echte Interesse an der anderen Meinung signalisiert Wertschätzung für den Denkprozess der zu dieser Meinung geführt hat und damit zur Anerkennung der prinzipiellen Leistungsfähigkeit des Anderen unabhängig vom Ergebnis.

Bevor man anderen etwas vermitteln kann, muss man erst versuchen ihr Verständnis des Sachverhalts zu ergründen und ein Bewusstsein dafür schaffen, wo ein Veränderungsbedarf notwendig ist. Dies geschieht nicht durch schlaues daherreden, sondern durch hinterfragen des Standpunktes des Gegenübers. Fragen heißt mit offenen Fragen den Horizont, den Sinnzusammenhang ganz weit stecken, um mögliche, wenn auch noch so kleine, Übereinstimmungen zu entdecken. Erst wenn ich weiß, wie der Andere denkt, versuche ich durch geschlossene Fragen Übereinstimmungen festzulegen oder Unstimmigkeiten in ihrem Sinnzusammenhang zu präzisieren.

Grundvoraussetzung für diese Art der Vorgehensweise ist ein echtes Interesse an der Meinung seiner Mitmenschen. Diese Grundeinstellung beinhaltet noch mehr – eine Toleranz anderen Meinungen und Überzeugungen gegenüber, die immer davon ausgeht, dass der eigene Standpunkt nicht unbedingt das Maß aller Dinge ist. Er ist vielmehr eine potentiell mögliche Sichtweise, die nur durch die Ausstattung unseres Erkenntnisinstrumentariums limitiert ist.